Wir Ackern auf vielen Feldern
Das Ziel ist klar: gemeinsam für mehr ökologische Landwirtschaft. Die Wege dorthin sind vielfältig. Die Mitglieder der BioBoden Genossenschaft kaufen gemeinsam Boden frei. Wo eine gemeinnützige Lösung gefragt ist, wird unsere BioHöfe Stiftung aktiv.




Natur- und Artenschutz
Wie Landwirtschaft und Artenschutz Hand in Hand gehen
Man hört es immer wieder: Landwirtschaft und Artenschutz schließen sich aus. Zugegeben, einfach ist ihre Vereinbarkeit nicht — aber machbar. BioBoden beweist das an vielen Orten gemeinsam mit ihren Partnern. Das Paradebeispiel: Das UNESCO-Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin im nordöstlichen Brandenburg, wo wir durch eine große Landsicherung einen bedeutenden Beitrag zum Erhalt eines der größten Schutzgebiete Deutschlands leisten konnten. Davon durften sich zuletzt auch unsere Mitglieder bei einer Naturschutzführung im Rahmen der Generalversammlung2023 im Ökodorf Brodowin überzeugen — denn die knapp 130.000 Hektar große Kulturlandschaft ist mit rund 140 Seen, Mooren, Wäldern, Wiesen und Äckern ein wahres Wanderparadies. Und das, obwohl fast 79 Prozent wirtschaftlich genutzte Flächen sind. Im Einklang mit der Natur.
Das war nicht immer so. Im Gegenteil. Ende der 1980er-Jahre war die Agrarlandschaft im Raum Brodowin von intensiv genutzten Schlägen, einem hohen Maisanteil in verengter Fruchtfolge und dem Einsatz von Pestiziden, Mineraldünger und Gülle aus Schweinemast- anlagen geprägt. Bis die Wende kam: Ab 1991 wurde die Bewirtschaftung der Brodowiner Felder auf Ökoanbau nach Demeter umgestellt, schnell wuchs die zusammenhängende Ökolandbaufläche im Südosten des Biosphärenreservats auf fast 3.000 Hektar an. Zusammen mit den angrenzenden Wäldern, Mooren und Seen waren es ab Mitte der 1990er-Jahre bereits 13.000 Hektar, die seitdem ohne Pestizide und Mineraldünger, dafür in diversifizierter Fruchtfolge bewirtschaftet werden. Ein Segen für die Artenvielfalt: Die heute blütenreichen Flächen sind für Feldhasen und Insekten, und damit auch für Amphibien und Vögel ein Paradies.
Im Jahr 2020 kam BioBoden dort ins Spiel: Die konventionelle Agrargenossenschaft Oderberg wurde mit unserer Hilfe Teil der Landwirtschaft von Ökodorf Brodowin. Nach der sofortigen Umstellung der 850 Hektar auf biodynamische Landwirtschaft wird seit 2021 ein Naturschutzplan mit vielen Maßnahmen umgesetzt: Es gibt nun trockenes Grasland für Insekten und Feldvögel, artenreiches Frischgrünland auf Mineralböden, Maßnahmen für gebüschbrütende Feldvögel wie den Neuntöter, für Greifvögel wie Rotmilan und Fischadler, für Amphibien wie Rotbauchunke und Laubfrosch. Zudem wurden Korridore geschaffen, durch die Wildtiere geschützt über den Schlag bis zum Gewässer gelangen, und Säume mit Blütenpflanzen und Stauden angelegt, die kein jährliches Mähen benötigen und in denen Insekten, Spinnen und Vögel geschützt leben können.
Wald
Der Wald braucht unsere Hilfe!


Die Meldungen der letzten Wochen und Monate ließen das Land aufschrecken. „Nur jeder fünfte Baum hat keine Schäden“, ließ NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser bei der Vorstellung des Waldzustandsberichts 2019 verlauten. „In Hessen stirbt der Wald“ (Frankfurter Rundschau), „Dürre und Schädlinge richten Milliardenschäden an“ (DER SPIEGEL), „Dem Wald geht’s richtig dreckig“ (DIE ZEIT) — das vergangene Jahr war vermutlich das mit den meisten Meldungen über den Waldzustand seit der Diskussion über das Waldsterben in den 1980er-Jahren.
Stürme, extreme Dürre und mit ihnen Waldbrände und Schädlingsbefall — nie waren die Folgen des Klimawandels auch im Wald stärker zu spüren als heute. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft veröffentlichte jüngst Zahlen über die Waldschäden, die seit Beginn des Jahres 2018 in Deutschland entstanden sind: So gehen die Experten von einem Schadholzbefall von 160 Millionen Kubikmeter und einer Fläche von 245.000 Hektar (so groß wie das Saarland!) aus, die wiederbewaldet werden muss. Besonders schlimm hat es Regionen in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Hessen und Thüringen getroffen.


„Umso wichtiger ist es, dass auch BioBoden sich um den Wald kümmert“, sagt Vorstand Uwe Greff. „Schließlich ist er ökologisch extrem wertvoll.“ Ein Beispiel: Ein Hektar „normaler“ Wald (also kein Urwald oder Energieholz) liefert im Durchschnitt 30 Tonnen Sauerstoff im Jahr, filtert Staub, Gas und andere Stoffe aus der Luft — so kann zum Beispiel ein Hektar Wald etwa 420 Kilogramm Schmutzpartikel pro Jahr aus der Luft holen. Bei insgesamt elf Millionen Hektar Wald in Deutschland (30 Prozent der Gesamtfläche) ein großer natürlicher Filter.
Im Boden speichert der Wald Unmengen an Wasser und verhindert so seinen Abfluss, allein ein Quadratmeter kann bis zu 200 Liter in sich aufnehmen und langsam in hochwertiges, sauberes Trinkwasser umwandeln. Doch es gibt gravierende Ausnahmen. „Nadelforste in niederschlagsarmen Gebieten können pro Jahr mehr Wasser verdunsten, als es regnet“, erklärt BioBoden Aufsichtsrat und NABU-Vizepräsident Christian Unselt. „Dann findet also null Grundwasserneubildung statt — und es kann sogar zu einer Absenkung des Grundwassers kommen.“
Abgesehen von solchen Extrembeispielen lässt sich die Liste der guten Waldtaten dennoch lange fortsetzen: Wurzeln verhindern Bodenerosion, strukturreicher Wald bietet vielen Pflanzen und Tieren Lebensraum, uns Menschen dient er zur Erholung und liefert den Rohstoff Holz. Kurzum: Das Ökosystem Wald ist schützenswert.
BioBoden hat derzeit an drei Standorten Waldstücke gesichert: in Jerchel (Sachsen-Anhalt), im Wendland (Niedersachsen) und in Rothenklempenow (Mecklenburg-Vorpommern). Von den insgesamt rund 200 Hektar befinden sich allein 150 Hektar in Jerchel, wo man nun Schritt für Schritt gemeinsam mit Forstexperten und der NABU-Stiftung Maßnahmen zur nachhaltigen Waldentwicklung umsetzt. „Die Strategie ist, den Wald sicher erneuern zu lassen“, erklärt Uwe Greff. „Es wird also geschaut, welche Pflanzen sich natürlich ansiedeln, und dann gezielt eingegriffen, um die Zukunftsfähigkeit des Waldes zu fördern.“ So werde aus dem Wald ein gesunder, standortheimischer Mischwald, der sowohl vielfältig als auch zukunftsfähig ist.
„Ich finde es gut, dass BioBoden sich zur Waldbewirtschaftung statt Stilllegung bekennt“, freut sich zum Beispiel Franz-Christoph Michel, BioBoden Agraranwalt und Forstwirt. Schließlich sollen laut Bundesregierung 95 Prozent des Waldes der Holzproduktion dienen. Und Christian Unselt ergänzt: „Wenn wir es schafften, ähnlich dem Anteil des Ökolandbaus an den Agrarflächen einen hohen Anteil naturgemäß bewirtschafteten Waldes zu erreichen, wäre das gut und passt ins Konzept von BioBoden.“
Im Wendland wird der Wald auch genutzt, um jungen Menschen ein besseres Verständnis von seiner Bedeutung beizubringen: Karsten Holst betreut hier regelmäßig Schulklassen, die für zwei Wochen ein wenig über Forstwirtschaft lernen. In kleinen Gruppen gehen sie den einzelnen Schritten des Waldbaus nach: vom Pflanzen über das Läutern (Jungbestandspflege) bis hin zur Fällung und der Vorbereitung der Verarbeitung. Aber es werden auch Feuer gemacht, um aus der Asche Präparate herzustellen, die für die Tiefenwurzelung der Bäume vor dem Hintergrund sinkender Grundwasserspiegel von großer Bedeutung sind. Holst: „Unser Ansinnen ist es, etwas für den Wald und seine Entwicklung zu tun. Aber auch, junge Menschen für den Wald zu begeistern.“
Ökologisches Bauen
Naturgebundenen Landwirtschaft beginnt am Boden — aber hört dort längst nicht auf
Claudia Alvino ist viel unterwegs. Von Nord nach Süd, von West nach Ost. Die Architektin von BioBoden ist verantwortlich für den Gebäudebestand der Genossenschaft, der sich über viele Orte in Deutschland verteilt. Denn: Oft erwirbt BioBoden mit Flächen auch Hofstellen, um zum Beispiel jungen Landwirtinnen und Landwirten einen eigenen Hof zu ermöglichen. Oder der BioHöfe Stiftung werden Höfe geschenkt. Zudem passiert es immer wieder, dass wichtige Flächen nur zusammen mit Gebäuden angeboten werden. Wie auch immer sie in den Bestand kommen: All diese Gebäude müssen genau unter die Lupe genommen werden, um dann mit den Höfen gemeinsam über deren Zukunft zu befinden. Unsere Erfahrung aus den vergangenen Jahren lehrt, dass Bauten häufig längst nicht mehr passend für den aktuellen Betrieb sind — viele müssen also neu geplant und entwickelt werden. Eine große Aufgabe.
Umso mehr, wenn Umweltschutz wie bei BioBoden eine hohe Priorität hat und eine wichtige Maxime ist. Die „graue Energie“ — so wird die für die Erstellung von Gebäuden aufgewendete Energie genannt — soll gebunden bleiben und weiterhin genutzt werden. Das bedeutet, dass Alvino Gebäude immer eher einem neuen Nutzen zuführen möchte, als die Abrissbirne zu schwingen. Fachleute der Baubranche nennen das Re-Use. Wir sagen: normal.
Das heißt nicht, dass es keinen Neubau im BioBoden Bestand gibt — manchmal sind neue Gebäude zwingend erforderlich. Aber auch dann ist ökologisches Bauen selbstverständlich die Richtschnur. Wie zum Beispiel beim Weltackerhaus in Rothenklempenow mit einer Produktionsküche und einem Veranstaltungsraum. „Das Weltackerhaus zeigt sehr gut, wie ich arbeiten möchte“, sagt Alvino. 78 Prozent der Materialien sind aus nachwachsenden Rohstoffen, 77 Prozent der Materialien sind wiederverwendbar, 13 Prozent sind sekundäre Baustoffe — und nur 8 Prozent sind nicht nachwachsende Rohstoffe. Alvino erklärt: „Der Lehm für das Haus stammt zum Beispiel aus einer Kiesgrube in der Nähe, das Stroh kommt von den Äckern der Höfegemeinschaft und das Holz aus dem eigenen Wald. Für die Fundamente wurden alte Betonelemente recycelt.“
Alvino ist überzeugt: „So muss Bauen zukünftig funktionieren. Die Branche steht da noch am Anfang, aber es gibt schon Möglichkeiten — und die nutzen wir.“ Im Zentrum für mehr Umweltverträglichkeit steht das sogenannte zirkuläre Bauen, bei dem Materialien recyclebar, also ohne zu viel Aufwand beim Abriss — oder besser beim Abbau — eines Gebäudes zu trennen und wiederverwertbar sind. Verbundstoffe, die beim Recycling aufwendige Verfahren zur Trennung durchlaufen müssen, helfen nicht weiter. Für Alvino bedeutet das: Sie braucht eine Menge Kreativität, denn jedes Projekt ist anders und erfordert damit immer neue Ideen mit unterschiedlichen Materialien — auch wenn die Arbeit mit nicht standardisierten Materialien einen höheren Aufwand der Gewerke erfordert.
In diesem Sinne entstanden in Rothenklempenow auch neue Wohnungen in einem alten Haus. Mit Wärmepumpe, nachhaltigen Materialien und einer Pflanzenkläranlage — aber auch mit gebrauchten Türen aus einem anderen Gebäude und Möbeln aus einer Haushaltsauflösung. Der Wohnraum wird von der Landwirtschaft genutzt, um Mitarbeitende, Praktikantinnen und Praktikanten sowie Gäste unterzubringen. Später könnte hier vielleicht eine Familie einziehen. Ein weiteres Projekt läuft gerade in Jade, unweit der Nordsee in Niedersachsen, wo ein Wohnhaus inklusive Dachdämmung saniert wurde, das sich im Eigentum von BioBoden befindet. Kein Einzelfall. „Aktuell geht es sehr oft um Wohnhäuser, um die wir uns kümmern müssen“, sagt Alvino. Denn diese sind oft Teil der Höfe und belasten den Betrieb unnötig, wenn sie nicht gebraucht werden. Besser wäre es zum Beispiel, die Immobilie durch ökologische Sanierung aufzuwerten, um so ein attraktives Angebot zu schaffen und Mieteinnahmen zu generieren — was den Betrieb entlastet.
Wie beim Haus in der Dorfstr. 102 in Leopoldshagen — zunächst nur Ballast, denn es landete sozusagen als „Beifang“ eines Landkaufs für den Haffwiesenhof bei BioBoden, da eine Erbengemeinschaft das fragliche Agrarland nur mit dem Haus verkaufen wollte. Alvino nahm sich des Hauses an und entwickelte aus dem alten Bauernhaus mit Stallbereich ein modernes Ferienhaus. Aus einer Belastung wurde ein Mehrwert geschaffen. So kann es gehen.




Das ökologische Bauen hat seinen Preis. Noch gibt es wenig „von der Stange“ zu kaufen, neue Materialien werden noch nicht in großer Stückzahl produziert — weshalb viel Improvisationstalent gefragt ist. Alvino schätzt, dass rund 50 Prozent Mehrkosten durch Material und Arbeitszeit in Kauf genommen werden müssen. „Aber was ist die Alternative? Sollen wir weiter tonnenweise Sondermüll produzieren, der mit hohem Energieaufwand in weiter Ferne hergestellt wurde? Das kann nicht der Weg sein. Dann müssen wir lieber sehr genau abwägen, was wir machen können, und so viel Bestand wie möglich erhalten.“
Wie der neue, nachhaltige Weg aussehen muss, hat Alvino an ihrer Wand hängen und auf dem Boden liegen: viele kleine Proben von nachhaltigen Baustoffen wie etwa Dämmstoffe aus Holz, Glas, Kork oder Hanf, dazu Bodenbeläge wie die trockene Fliese, für die kein Klebstoff notwendig ist, und natürlich Kork und Linoleum. „Ob Kuhstall oder Wohnhaus“, sagt die Architektin, „der Einsatz dieser Stoffe ist der Schlüssel für die Zukunft des Bauens.“
Doch bis diese Zukunft flächendeckend Wirklichkeit werden kann, ist es noch ein weiter Weg. Denn zur Wahrheit gehört auch: Diese Pionierarbeit einer nachhaltigen Bauweise kann aufgrund der hohen Kosten nicht immer realisiert werden, manchmal müssen Gebäude doch schweren Herzens abgerissen werden, weil sie in einem nicht zu rettenden Zustand sind. Auch lassen sich Wirtschaftsgebäude in der Landwirtschaft oft nicht kostendeckend ökologisch sanieren. „Trotzdem liegt der Fokus natürlich grundsätzlich auf dem ökologischen Bauen“, sagt Alvino. „Wir müssen immer im Rahmen des Machbaren das Bestmögliche herausholen.“